Teil 3: (K)Ein Neubeginn
Ganz wichtig: Flip Saunders muss die Wogen zwischen seinem Star und der Organisation glätten. |
„One
other thing I want to comment before I turn it over to Flip. Flip and I have
remained friends as he has been at Detroit and Washington. We talked
occasionally, just talk about basketball and what's going on in the league.”
Dies waren einige der Worten, mit denen Glen
Taylor im Mai Flip Saunders als neuen „President of Basketball Operations“ der
Minnesota Timberwolves vorstellte. Obwohl das Ende der Führung durch David Kahn
bei Anhängern der Timberwolves Begeisterungsschreie auslosen sollte, reagierte
man ein weiteres Mal eher mit Enttäuschung und Verwirrung. Typisch Taylor.
Taylor ist in der Basketballwelt kaum vernetzt und es interessiert ihn kaum,
Trends und aufstrebende Co-Teamarchitekten anderer Mannschaften, aufzustöbern.
Während die meisten Teamleitungen der Liga den Schritt in Richtung
mathematisch-analytischen Taktierens gehen und sich dadurch auch eine frische
Sichtweise sowie nötige, produktive Spannungen in die Entscheidungsebene
bringen, wählte Taylor Flip, da er Flip kennt. Neben seiner Arbeit als POBO
kauft sich Saunders ebenfalls als Minoritätenpartner in das Unternehmen ein. Es
bleibt in der Familie.
Nun, was soll die Kritik an Saunders noch bevor er
seine ersten paar Moves vollzieht? Bei einer von Leid geplagten Franchise wie
der Timberwolves ist es verständlich, dass ein jeder Neuanfang zunächst
skeptisch beäugt wird. Saunders in seiner neuen Rolle wirft einige
besorgniserregende Fragen auf:
Holt
Flip Saunders die richtigen Spieler? Beobachter der Timberwolves kennen Saunders Coachingstil sehr gut. Der
Großteil erachtet diesen als unmodern und ineffizient. Es ist bezeichnend, dass
die diesjährigen Finals von zwei Mannschaften bestritten wurden, die besonders
drauf achten, den Großteil ihrer 3-Punkte-Würfe in die Ecken zu leiten und dazu
nur eine geringe Anzahl von Mid-Range Würfen nehmen. Die derzeitigen defensiven
„pack the paint“-Strategien sollen die von vielen als besonders wertvoll
erachteten Würfe – direkt am Korb und der Dreier in der Ecke – verhindern.
Würfe aus der Mid-Range geben Verteidigungen dem Großteil der NBA-Spieler
gerne. Offensivsysteme, und darin sind San Antonio und Miami besonders gut, haben
idealerweise sehr breites Spacing, gute Screen-Rescreen-Action und kompetente
Penetration. Dazu verfügen diese Teams auch im Frontcourt über kompetente
Passer, die den Ball blitzschnell auf die Weakside dreschen können um
Defensivreihen aus der Balance zu bringen. Saunders war ein erfolgreicher
Coach, jedoch war seine Offensive sehr stark auf die Mid-Range fixiert und
vernachlässigte den Dreier. Zunächst bleibt Adelman zwar Coach, jedoch ist
Saunders für das Spielerpersonal verantwortlich und lässt sich womöglich von
diesen alten Tendenzen leiten. Der kurzfristige Erfolg der TWolves sollte sehr
stark von den zu findenden Lösungen auf den Flügelpositionen abhängen. Während
die als smart geltenden General Manager Flügelspieler suchen, die von Natur aus
den Mid-Range-Wurf vernachlässigen und dadurch größeres Effizienzpotential besitzen,
könnte Saunders im schlimmsten Falle ineffiziente, chuckende volume scorer
überbezahlen.
Wie
steht Flip Saunders zu „Advanced Stats“ und „Analytics“? Ein weiterer Kritikpunkt, der daran anknüpft ist
Saunders Haltung zu advanced stats, deren Rolle bei der Teamgestaltung in der
Liga wachsen. Saunders gab einige Male von sich, dass man sich nicht nur auf Statistiken
und mathematische Modelle verlassen könne. Dies ist richtig. Grund zur
Besorgnis erregt eher eher, dass er Statistiken nicht als alternative
Sichtweise sieht, die falsche Annahmen über Spieler durch das systematische
Sammeln bestimmter Daten korrigieren können. Laut Saunders dienen „Analytics“
in erster Linie dazu bei, zu „bestätigen“ was man sowieso schon durch den
Augentest sieht. Schwierig zu sagen, was man daraus herauslesen soll. Wenn ein
Spieler, den Saunders für einen hervorragenden Scorer hält, nun eine
unterdurchschnittliche eFG% hat, einen kleinen Teil seine Würfe am Korb nimmt,
dafür den größten Teil in der Mid-Range – ignoriert Saunders die Stats?
Behält
Rick Adelman seinen starken Einfluß auf die Personalpolitik? Ein weiterer Grund für die kritische Haltung zu
Saunders Verpflichtung ist der Zeitpunkt und damit die zukünftige Rolle Rick
Adelmans. Obwohl die Saison hauptsächlich aufgrund von Verletzungen (Kevin Love
und Ricky Rubio standen gerade mal 18 Minuten zusammen auf dem Feld) ein
weiterer Misserfolg war, zeigten sich einige Medienvertreter überrascht, dass
David Kahn gerade jetzt gehen musste. Immerhin verdienten die Manöver der
letzten Offseason beachtliches Lob:
Eine ganze Menge unproduktiver, strauchelnder
Rollenspieler sowie Spieler, die eine zu hohe Usage in der Offensive einnahmen
ohne diese effektiv zu nutzen wurden gegen einige Spieler getauscht, die bis
auf Amundson bei ihren damaligen Mannschaften ihre Rollen gewinnbringend
ausfüllten. Jedoch lag dies nicht an Kahn. Es war quasi ein offenes Geheimnis,
dass Adelman & Team die
Personalpolitik in der Offseason nach Jahr 1 in Minnesota übernahmen und vorgaben,
welche Spieler weg gehörten und welche Spieler geholt werden müssten. Flip
Saunders wird sich nicht so einfach bevormunden lassen wie David Kahn. Die
Dynamik zwischen Saunders und Adelman sollte eine Interessante werden.
Auch wenn meine Erwartungen an Flip Saunders als
GM eher ernüchtern sind, muss man ihn zunächst machen lassen. Mit Kevin Love
hat er ein Talent in den Reihen, dessen Vielseitigkeit rar ist. In der NBA gilt:
Schütze deinen Superstar. Teile der Presse und der NBA-Couch-Gemeinde hat sich
schon seit längerem auf Kevin Love eingeschossen, da wahre Superstars angeblich
auch schwache Teams in die Playoffs führen könnten. Dies ist vielleicht gar
nicht falsch – vorausgesetzt ein gesunder Love hätte bis dato mal ein schwaches
Team gehabt. Was Love bislang um sich hatte war desaströs.
Prozentuale Verteilung der Twolves Win Shares in den Jahren 2011 und 2012. Das Team wird langsam besser. Wie schlecht war Jonny Flynn eigentlich? In 900+ Minuten fabrizierte er negative Win Shares. |
Nach Basketball-IQ geordnet: Kevin Love, Basketball, Kurt Rambis' Krawatte, Kurt Rambis |
Aber auch seine „Vorgesetzten“, ob der ehemaliger
Coach Kurt Rambis oder David Kahn ließen kaum eine Gelegenheit aus, Love mit
Respektlosigkeit zu begegnen. Alleine deswegen war ein Zerwürfnis mit Kahn
unausweichlich. Ob ausgerechnet Saunders der richtige ist wird sich noch
zeigen. Die Timberwolves haben ein gutes Grundgerüst um in dem kurzen Fenster
mit Kevin Love als Leitfigur erfolgreich zu sein. Vor allem auf dem Flügel wird
dringendst kompetente Verstärkung gesucht. Fragen nach Saunders Talent als
Evaluator, sowie nach den Mitteln seiner Evaluation sollten schon bald in
Grundrissen beantwortet werden.
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